MICU – Vom Reisebus zum medizinischen Nightliner
Die Feuertaufe ist bestanden: unser Mobile-Intensive-Care-Unit-Bus, kurz „MICU“, hat seine erste Einsatzfahrt gemeistert. Mehrere Monate haben wir, mit der Hilfe vieler Supporter*innen in Berlin und der Ukraine, aus einem Reisebus eine rollende Intensivstation gebaut, um die medizinische Versorgung in der Ukraine zu verbessern.
Seit Beginn des Krieges in der Ukraine kann, vor allem in Frontnähe, nicht für die Sicherheit von Patient*innen oder deren notwendige Versorgung in den Krankenhäusern garantiert werden. Insbesondere Intensivpatient*innen sind von der Situation betroffen, müssen sie doch rund um die Uhr überwacht werden. Deshalb wurde früh damit begonnen die Betroffenen in sichere Krankenhäuser im Osten der Ukraine oder ins Ausland zu transportieren. Auch wir haben uns an diesen MedEvac (medical evacuation) genannten Einsätzen beteiligt.
Effektive Transporte
Die MedEvac-Einsätze werden normalerweise mit einem Krankenwagen mit Fahrer*in und mindestens einer Rettungskraft gefahren. „Wurden Transporte für mehrere Patient*innen aus demselben Ort angefragt, musste für jeden Einzelnen ein Krankenwagen mit Besatzung ausrücken. Das bedeutet viel Personalaufwand und Belastung für die Fahrzeuge auf den langen Strecken, in einem riesigen Land wie der Ukraine.“ gibt Tankred Beume zu bedenken, einer unserer Team Leads in der Ukraine. Um die Einsätze effektiver zu gestalten, haben wir uns entschlossen einen Reisebus zur mobilen Intensivstation umzubauen. Der Vorteil: mehr Patient*innen werden mit weniger Personal transportiert, mit einem Fahrzeug, das für Langstreckenfahrten ausgelegt ist.
Tankred, einer unserer Team Leads in der Ukraine, fährt konzentriert auf einem MedEvac-Einsatz. Foto: CADUS
Aus Bus wird Intensivstation
Also ging es an die Planung. Nachdem der richtige Bus, mit besonders breiten Türen für die Krankentragen, beschafft war, wurden am CADUS-Makerspace in Berlin die ersten Arbeiten mit der Hilfe vieler Freiwilliger erledigt. Sitze ausbauen, Werbefolie entfernen, Maße nehmen, beladen und den Bus für die lange Überführung in die Ukraine vorbereiten. Dort sollte der Bus zusammen mit ukrainischen Partnerorganisationen und Freiwilligen fertig gestellt werden.
Eine 3D-Vermessung des Busses hat uns die weitere Planung erheblich vereinfacht. Foto: CADUS
Beim Zwischenstop in Berlin wurde der Bus dank fleißiger Helfer*innen an einem Tag entkernt und von Werbung befreit. Foto: CADUS
Drei ehrenamtliche Fahrer*innen haben den Bus im August über die fast 1200 Kilometer lange Strecke nach Iwano-Frankiwsk gefahren. Seither haben unsere Handwerker*innen und Medizintechnik-Expert*innen Etliches eingebaut, was nötig ist, um Patient*innen über weite Strecken in der Ukraine zu transportieren. Neben sechs Sitzplätzen bietet der Bus vier Intensiv-Behandlungsplätze mit Fahrtragen, die für den Transport absolut sicher fixiert sind. Dazu kommen weitere vier Plätze für das Personal. Zur festen Ausstattung gehören Monitore, Beatmungsgeräte, Perfusoren und Absaugpumpen an jedem Platz sowie zwei Defibrillatoren – alles was nötig ist um eine intensivmedizinische Überwachung und Versorgung der Patient*innen zu gewährleisten.
Herausforderungen gemeinsam meistern
Keine einfache Aufgabe für die Baucrew einen gewöhnlichen Überlandbus in ein medizinisches Einsatzfahrzeug zu verwandeln. Elektrik, Sauerstoff- und Wasserversorgung und medizinisches Equipment auf engstem Raum einzubauen und trotzdem genügend Platz zum Arbeiten und rangieren mit den Tragen zu haben, war eine echte Herausforderung, die für einige graue Haare im Team gesorgt haben.
Den begrenzten Raum optimal nutzen – eine der großen Herausforderungen für die Baucrew in der Ukraine. Foto: CADUS
„Ohne die großartige Unterstützung unserer Partnerorganisation Metalab hätten wir das niemals so schnell geschafft.“ ist sich Kristin Feddersen sicher. Kristin war mehrfach mit dem Mobile Makerspace in der Ukraine und war eine der Bauleiter*innen für die MICU. „Es gibt so viele beeidruckende Menschen dort, mit denen wir gemeinsam an diesem Projekt gearbeitet haben. Ich glaube das war für uns alle eine sehr ermutigende Erfahrung.“
Metalab hat uns nicht nur ihre Werkstatt zur Verfügung gestellt, sondern auch bei Schweißarbeiten oder mit den richtigen Kontakten geholfen – wie zum Beispiel zu einer KFZ-Werkstatt, die uns bei der Elektronik und darüber hinaus unterstützt hat.
Dank der Helfer*innen von Metalab und der großen Werkstatt konnten wir viele Arbeiten schnell erledigen. Foto: CADUS
Erfolge gemeinsam feiern, besonders in schwierigen Zeiten wichtig. Foto: CADUS
Bauleiterin Kristin Feddersen im Interview: Mehrfach war nationale und auch internationale Presse vor Ort, um über den MICU-Bus zu berichten. (Standbild aus Video ©RAI Media group)
Das ganz Video hier: https://www.youtube.com/watch?v=P4HAGp-CAOs
MICU auf Einsatzfahrt
Mittlerweile ist der Umbau beendet und der MICU-Bus bereits in der Region Dnipro im Einsatz. Seit Ende Oktober konnten drei Transporte mit insgesamt 25 Patient*innen durchgeführt werden.
Der MICU-Bus im Einsatz: für uns zählt nur, Patient*innen in Not zu helfen. Foto: CADUS
Ein riesiges Dankeschön gilt allen Supporter*innen, die uns beim Bau unterstützt haben und besonders den Freiwilligen aus der Ukraine, die trotz, oder gerade wegen der Umstände, so viel in dieses Projekt investiert haben. Für uns folgerichtig werden wir den Bus nach einer Einarbeitung dann auch an lokale Strukturen, den EMS Dnipro, übergeben. Wir sind mächtig stolz auf die MICU und freuen uns enorm, dass sie die medizinische Versorgungslage in der Ukraine verbessern wird.
Erste Trainings für eine Übergabe des Busses an lokale Strukturen und zur nachhaltigen Stärkung des ukrainischen Rettungsdienstes haben bereits begonnen. Foto: CADUS
Veröffentlicht:
Verfasser*in: von Jonas Grünwald
by CadusPR
Eine mobile Werkstatt gegen die Zerstörung
Mit dem Krieg kommt die Zerstörung. Wie aber können Häuser wieder bewohnbar und öffentliche Gebäude wieder nutzbar gemacht werden? Zusammen mit ukrainischen und deutschen Partnerorganisationen haben wir eine mobile Werkstatt zum Wiederaufbau auf die Straße gebracht.
Rettungsdienst im Krisengebiet
Dnipro, Millionenstadt über 1800 Kilometer von Berlin, fast 500 Kilometer südöstlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew: Vier bis sechs CADUS-Medics sind dort seit August im Wechsel im Einsatz. Mit bis zu vier eigenen Ambulanzfahrzeugen führen sie seither Transporte Schwerverletzter aus der Region im Osten (ca. 100 km …
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