Als Teamlead in der Ukraine: Einblick in den Einsatz
"Ich arbeite seit 2006 immer wieder in Kriegs- und Krisengebieten in der humanitären Hilfe. Aber der Einsatz hier hat mich geprägt wie wenige andere."
Thorsten, seit Juni 2022 für uns als Teamlead in der Ukraine, schildert seine persönlichen Eindrücke aus den Einsätzen vor Ort.
Mein Name ist Thorsten und ich bin seit Juli 2022 bei CADUS als Teamlead in der Ukraine. Ich habe mit CADUS als medical volunteer im April in der Ukraine angefangen und mich dann dazu entschlossen, dass ich weiter in der Entwicklung des Einsatzes involviert sein möchte.
Als ich gefragt wurde, einen Blogeintrag zum Jahrestag zu schreiben, habe ich leichtsinnig zugesagt und seitdem darüber nachgedacht, was ich schreiben soll. Die letzten Monate waren sehr intensiv für mich, sehr viel ist passiert und unser Einsatz hier als auch die Dynamik des Krieges haben sich stetig verändert. Während wir am Anfang vor allem im Westen gearbeitet haben und ein Großteil unserer Einsätze Evakuierungen von verletzten und erkrankten Menschen über die Grenze nach Polen und dann zur Weiterversorgung in die EU waren, hat sich unser Fokus seit dem Spätsommer stark verschoben.
Inzwischen sind wir in Dnipro und arbeiten sehr eng mit lokalen NGOs und dem ukrainischen Gesundheitssystem zusammen. Das hat die Arbeit und meine Sichtweise auf den Konflikt und die ukrainische Gesellschaft nachhaltig verändert. Wir füllen jetzt Lücken die uns erst bewusst geworden sind durch den engen Austausch mit lokalen Partnern, trainieren lokale NGOs die Evakuierungen von der Frontlinie durchführen und dort humanitäre Hilfe leisten und Kliniken betreiben. Wir tun unser Bestes um den Rettungsdienst im Osten zu entlasten und speziell auch medizinisch komplexe Transporte durchführen zu können. Ein Meilenstein war sicherlich die Fertigstellung des der MICU. Unser Mobile Makerspace hat hier unglaubliches geleistet und ich möchte jedem und jeder danken, die ihre Freizeit und Herzblut in das Projekt gesteckt haben.
Ich könnte hier noch weiter von den Erfolgen und Herausforderungen der Arbeit hier schreiben, aber ich möchte auch die Möglichkeit nutzen, um ein paar persönliche Eindrücke zu schildern:
Ich arbeite seit 2006 immer wieder in Kriegs- und Krisengebieten in der humanitären Hilfe. Aber der Einsatz hier hat mich geprägt wie wenige andere. Es gab viele Momente wahnsinniger Frustration, emotional schwierige Momente, wenn man das Gefühl hat, nicht alles Menschenmögliche zu tun um das Leiden zu lindern oder man einfach überwältigt ist von der Sinnlosigkeit der Gewalt dieses Konfliktes. Aber je länger ich hier arbeite, je enger und effektiver unsere Zusammenarbeit mit lokalen Partnern wird, desto mehr entwickelt sich das Gefühl, das wir unseren kleinen Beitrag leisten, einen Unterschied für einige Menschen zu machen.
Die ukrainische Zivilgesellschaft ist unglaublich. Die Menge an lokalen Gruppen und die Solidarität mit den Menschen die direkt vom Krieg betroffen sind ist beeindruckend. Der Mut, den viele zeigen um das Leiden direkt in den umkämpften Gebieten zu lindern hat mich teilweise überwältigt. Und trotz aller Herausforderungen, den langen Arbeitstagen, der emotionalen Belastung kann ich mir im Moment keinen besseren Job wünschen. Ich habe unglaubliche Menschen kennenlernen dürfen, sowohl bei CADUS aber vor allem hier in der Ukraine. Und ich bin froh, viele inzwischen Freunde nennen zu dürfen und in der Lage zu sein, ihnen in dieser wahnsinnig schwierigen Zeit zu helfen.
Der Krieg hier hat schon 2014 begonnen, die Invasion vor einem Jahr markiert für viele Menschen hier in der Ostukraine nur eine weitere Eskalation. Wir dürfen nie vergessen, was Krieg bedeutet und welches Leid er über Menschen bringt. Überall auf der Welt. Nicht nur hier.
Veröffentlicht:
Verfasser*in: Thorsten
by CadusPR
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