Ausweitung der Kampfhandlungen im Osten der Türkei
Seit nunmehr drei Monaten geht die AKP Regierung wieder verstärkt gegen ihre eigene Bevölkerung im kurdisch dominierten Südosten des Landes vor. Unter der Prämisse der Terrorbekämpfung werden ganze Städte belagert, mit schweren Waffen Wohngebiete beschossen, Infrastruktur bewusst zerstört und Zivilist*innen teils vorsätzlich getötet. Kinder und alle Menschen, die nicht sichtbar Waffen tragen fallen als Nichtkombattant*innen unter den Schutz sämtlicher Statuten zum Schutz der Zivilbevölkerung. Alles Abkommen, welche durch türkische Regierungen unterschrieben und ratifiziert wurden und welche sie zu gerne von anderen Staaten einfordert, sofern politisch genehm. Im eigenen Land scheinen es die bewaffneten Organe mit der Einhaltung dieser Verträge jedoch nicht allzu genau zu nehmen.
Wir haben länger mit uns gerungen, ob wir uns zur derzeitigen Eskalation militärischer Gewalt in der Türkei als CADUS äußern sollen. Wir sind keine Politgruppe, jedoch eine Gruppe politischer Individuen. Als solche haben wir Meinungen zum aktuellen Geschehen, die nicht unwesentlich unsere Arbeit in unseren Projekten vor Ort beeinflusst. Vor allem sind wir aber eine humanitäre Hilfsorganisation und was gerade in Städten wie Diyabakır, Cizre oder Silopi geschieht, birgt den Keim einer weiteren humanitären Notlage in der Region. Bereits jetzt sind aus kurdischen Gemeinden und Städten knapp 200.00 Menschen innerhalb der Türkei auf der Flucht. Mit zunehmender Dauer und räumlicher Ausbreitung des Bürgerkrieges nehmen die Zahlen eher noch zu.
Vor dem Hintergrund des Eingreifens der Regierung Erdoǧans in den Bürgerkrieg in Syrien wirkt das jetzige Vorgehen besonders zynisch. Vor fast genau 4 Jahren forderte dieser Syriens Diktator Bashar Al-Assad auf zu gehen, weil sich jener durch fortwährende Angriffe auf die eigene Bevölkerung jeglicher Legitimation beraubt habe. Derselbe Mann, der das Morden eines Despoten (zu Recht) mit dessen Abdanken verknüpft sehen wollte, lässt nun auf seine eigene Bevölkerung schießen, ganze Wohnblöcke bombardieren und Viertel militärisch „säubern“. Das gezielte Unterstützen von djihadistischen Gruppen und das zeitweise Gewährenlassen von Akteuren wie dem so genannten Islamischen Staat zum Zwecke der Destabilisierung Bashar Al-Assads hat einen wichtigen Fluchtgrund, vor allem für religiöse und ethnische Minderheiten, überhaupt erst geschaffen.
Ein solcher Partner sollte für die EU weder in Flüchtlingsfragen noch in Belangen der Grenzsicherung in Frage kommen. SOLLTE. Denn statt Erdoǧan und seinen Ministerpräsidenten Davutoǧlu wenigstens rhetorisch an die Kandarre zu nehmen, werden mehrere Milliarden Euro spendiert. Zur Grenzsicherung und zum Ausbau der Lager für die geflüchteten Syrer*innen.
Damit beweist sich wieder die Lehre aus Libyen, Ägypten und Tunesien: Geht es um die Abwehr von Refugees wird auch gerne mal mit Autokraten und Diktatoren zusammengearbeitet. Ganz unabhängig davon, wie sich die Menschenrechtslage in den jeweiligen Staaten gestaltet und natürlich ganz sachbezogen. Das steht der Friedensnobelpreisträgerin von 2012 nicht gerade gut zu Gesicht. Die massiven Menschenrechtsverletzungen durch die Sicherheitskräfte der Türkei und deren Anordnung durch die Regierung dürften nicht noch durch die Staaten der Europäischen Union mit Milliarden alimentiert und durch politische Zugeständnisse quasi durch die Hintertür belohnt werden.
Für ein sofortiges Ende der militärischen Situation in der Türkei! Für die Einrichtung von humanitären Korridoren zum Schutz und der Versorgung der Bevölkerung! Für die Aufnahme politischer Gespräche und die ernsthafte Wiederbelebung des Friedensprozesses durch die Regierung der Türkei!
Veröffentlicht:
Verfasser*in: Kito K.
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