Each one teach one – medizinische Trainings in der Ukraine
Bereits kurz nach unseren ersten Einsätzen in der Ukraine wurde der Bedarf an vor allem medizinischen Trainings vor Ort offensichtlich. Neben den zahlreichen Medizin-Neulingen aus der Bevölkerung, die in Kriegszeiten auf einmal Verletzte versorgen mussten und wollten, fragten auch Fachkräfte nach Unterstützung in dieser auch medizinisch herausfordernden Situation. Mit acht Kursen und über 1500 Teilnehmer:innen in über 11 Städten der Ukraine haben wir ein professionelles Trainingsprogramm etablieren können.
„Das Engagement der Menschen in der Ukraine, unter den Umständen eines alles bestimmenden Krieges, ist immer wieder beeindruckend“, berichtet unser Trainingsteam regelmäßig. Ob professionelle oder freiwillige Rettungskräfte, alle geben ihr Bestes um ihren Patient:innen zu helfen. Leider stoßen sie dabei immer wieder an ihre Grenzen, denn die Versorgung von Verletzungen durch Explosionen, Schusswunden, Verbrennungen und Verstümmelungen ist keine alltägliche Aufgabe. Im Kriegsfall mit begrenzten Mitteln und einer hohen Anzahl an Verletzen umso mehr. Gerade die Sterblichkeit von Patient:innen auf dem Weg ins Krankenhaus ist extrem hoch. Auch vor dem Krieg war das Rettungs- und Gesundheitssystem der Ukraine nicht flächendeckend ausgebaut, Equipment und Ausbildung teilweise veraltet.
Die Zusammensetzung der Kursteilnehmer:innen reicht von medizinischen Laien bis zu Fachkräften mit jahrelanger Erfahrung. Diese Mischung ist für unsere Trainer:innen besonders spannend, müssen sie doch versuchen die Inhalte an alle gleichermaßen zu vermitteln. Foto: CADUS
Material + Trainiertes Personal = medizinische Versorgung
Tonnenweise medizinische Materialspenden erreichten die Ukraine seit Kriegsbeginn von unterschiedlichen Staaten und Organisationen. Auch wir konnten unter anderem 22 Ambulanzen, eine selbstgebaute Intensivstation auf Basis eines Reisebusses und bisher über 75 Beatmungsgeräte an lokale Rettungsdienste übergeben. Das Problem des fehlenden Materials war dadurch schonmal eingedämmt. Allerdings hilft das beste Equipment nichts, wenn es niemanden gibt, der es bedienen kann.
Thema Material: bei unseren Trainings können wir auf ausgezeichnete Übungspuppen zurückgreifen, an denen wie hier z.B. Beatmungstechniken geübt werden können. Dabei reagiert die Puppe auch auf die getroffenen Maßnahmen, womit sich ein echter Notfall sehr realitätsnah simulieren lässt. Foto: CADUS
In unserer Zusammenarbeit mit einigen ukrainischen Freiwilligen-Organisationen und lokalen Krankenhäusern wurde klar, dass Trainings für die medizinische Versorgung von eigenen Verletzungen und von Patient:innen dringend notwendig sind. Was mit einzelnen Trainings begann, entwickelte sich schnell zu einem ausgewachsenen, professionellen Programm mit zahlreichen Kooperationen. Das Spektrum der mittlerweile acht Kurse reicht dabei von Trainings zu lebensrettenden Sofortmaßnahmen über die Versorgung von Explosionsverletzungen bis hin zum Umgang mit Beatmungsgeräten.
Vorteile für alle Beteiligten
Unser 7-köpfiges Trainingsteam ist mit Rettungsdiensten, Krankenhäusern und Organisationen im ganzen Land in Kontakt und unterrichtet je nach Bedarf. Mittlerweile haben so über 1500 Personen in über 11 Städten an Fortbildungen teilnehmen können. Neben der hochwertigeren Versorgung der Patient:innen bieten die Kurse weitere Vorteile. Wir können an vorhandene Fähigkeiten der Teilnehmer:innen anknüpfen und somit etwas Sicherheit und Handlungsspielraum geben, in einer Lebensrealität, in der sich die Menschen oft hilflos fühlen. Medizinischem Personal bieten wir zertifizierte Fortbildungen, die auch im zukünftigen Berufsleben nützlich sind und können Neueinsteigern, die wegen des Krieges ihr frühere Beschäftigung aufgegeben haben oder mussten, eine berufliche Perspektive aufzeigen.
Zu den Kursen gehören auch praktische Übungen um das theoretische Wissen direkt am Patienten anzuwenden. Unsere Teilnehmer*innen sind mit vollem Körpereinsatz dabei. Foto und Video: CADUS
„Train the trainer“ und Standardisierungen für die Nachhaltigkeit
Um diesen Aspekt zu unterstützen, arbeiten wir an einer Zertifizierung der Kurse im Rahmen der Continuing Medical Education (CME), die international verpflichtende Fortbildungen für medizinisches Personal vereint. Durch die Kooperation mit dem größten medizinischen Ausbildungsinstitut der Ukraine, der Ternopil National Medical University, werden unsere Kursinhalte zukünftig auch in den nationalen Standard einfließen. Außerdem rückt bei der Entwicklung unseres Programms die Ausbildung lokaler Trainer:innen mehr in den Fokus. Diese können nach erfolgreichem Abschluss eigenständig Kurse anbieten und so nachhaltig den medizinischen Ausbildungsstand im Land verbessern.
Bis zu einer vollständigen Übergabe werden wir weiter Trainings geben um diese engagierten, mutigen Menschen zu unterstützen. Das nächste Ziel – 2000 Kursteilnehmer:innen – ist schon in greifbarer Nähe. 2000 Menschen, die auch in Zukunft Patient:innen retten können.
Veröffentlicht:
Verfasser*in: von Jonas Grünwald
by CadusPR
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