Kleine Wunde, leider große Wirkung

Christoph, unser Fotograf in Sarajevo, hat uns eine kleine bewegende Geschichte aus dem Alltag unserer Emergency Response geschickt:

"Ein Fußballspiel auf der Straße, ein Sturz.
Eine kleine Wunde am Knie, weil es mal wieder etwas ruppiger wurde. Kein Problem.
Kurz sauber machen und Pflaster drauf.

Was ist nur, wenn du kein Pflaster zur Hand hast? Und was ist, wenn du kein Zugang zu fließend Wasser hast? Und auch nicht so einfach deine Sachen waschen kannst. Weil das Haus in dem du wohnst nicht mal Strom hat.

Ab diesem Punkt wird eine kleine Wunde, wie sie sich jede*r von uns im Alltag bei den einfachsten Tätigkeiten zufügen kann, zu einer großen Herausforderung.
Eine einfache Wunde kann sich zu einer schweren Sepsis entwickeln. Eine Sepsis ist eine lebensbedrohliche Entzündungsreaktion des Körpers als Reaktion auf eine Infektion mit Viren, Bakterien oder gar Pilzen in der doch kleinen Wunde.

Was ich hier versuche einzuleiten, ist der Umstand, dem ein junger Mann aus Algerien widerfahren ist. Er hat sich beim Fußball spielen das Knie aufgeschürft. Diese Wunde hat sich entzündet, weil er in Sarajevo in einem notdürftig hergerichteten Zimmer wohnt und er nur einmal die Woche Zugang zu einer sauberen Dusche in der Stadt hat. Er wohnt mit weiteren Personen in einem Haus, das der Kälte nicht trotzen kann, weil es keine Fenster gibt die Wind und Wetter abhalten könnten.

Er kam zu unserem Behandlungsort an dem wir nun zwei Wochen stehen und Patienten behandeln. Er plagte über Schmerzen am Knie und war in die Stadt gekommen weil er zur Essenausgabe einer Organisation wollte, die an unserem Ort kostenlos Essen ausgibt.

Die Wunde hatte sich entzündet und unsere Ärzt*innen haben sie, unter großen Schmerzen trotz lokaler Betäubung, behandelt und verbunden.
Während der Behandlung verriet er mir, wie er nach Bosnien gekommen war und dass er sehr niedergeschlagen sei. Er habe in Griechenland einen Job in einem Hotel aufgegeben, weil er weiter nach Europa reisen wollte. Auf der Reise habe er seinen Pass verloren. Mittlerweile möchte er gerne wieder nach Algerien zurück, weil er diese Tortur beenden möchte.

Einen Tag später sind wir in das baufällige Haus gefahren um ihm den schweren Weg zu unserer Klinik zu ersparen. Somit konnten wir uns ein Bild von seinen Lebensumständen machen und kontrollieren, ob die Antibiotika angeschlagen haben und sich die Wunde nicht weiter entzündet hat.
Wir fanden einen Ort vor, unter dessen Bedingungen es verständlich ist, dass sich eine kleine zu vernachlässigende Wunde zu einer schweren Entzündung entwickeln muss.
Ein zefallenes Haus in dem sich keine Fenster befinden. Ein nicht fertig gestellter Rohbau. Es sind lediglich zwei Zimmer im Haus mit Plastikplatten, die die Fenster abdichten. An der Tür hängt eine notdüftig angebrachte Decke um die Wärme am Entweichen zu hindern. Die Wärme in dem Raum kommt von einem selbst eingebauten kleinen Holzofen. Es riecht überall nach Rauch und im Zimmer nebenan ist es richtig blau als ich fragte, ob ich ein Foto von ihrem Raum machen darf.

Wir ziehen wieder ab. Ein mulmiges Gefühl bleibt. Das ist was wir machen können. Aus diesem Grund sind wir hier, medizinische Grundversorgung. Aber mein Herz möchte mehr. Es möchte das Haus ausbauen und eine Dämmung verpassen. Es soll warmes Wasser aus der Leitung kommen, das Licht funktionieren und wenn ich den kleinen Schrank im Bad öffne, möchte ich eine Packung Pflaster herausnehmen können."

alle Fotos: ©Christoph Löffler

Veröffentlicht:
Verfasser*in: von Jonas Grünwald

by CadusPR

Vinnytsia to Dresden: a little boy’s unexpected journey

Dezember 1st, 2022|

For most of us war is something abstract, something that happens to other people far away from us. But the people in Ukraine are affected by the horribles of war everyday. Our emergency doctor Mike tells a personal story about a ukrainian boy named R. who was injured from a rocket and who hopefully has the most …

Rettungsdienst im Krisengebiet

November 9th, 2022|

Dnipro, Millionenstadt über 1800 Kilometer von Berlin, fast 500 Kilometer südöstlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew: Vier bis sechs CADUS-Medics sind dort seit August im Wechsel im Einsatz. Mit bis zu vier eigenen Ambulanzfahrzeugen führen sie seither Transporte Schwerverletzter aus der Region im Osten (ca. 100 km …

Bleibe informiert über unsere Einsätze, Veranstaltungen und Themen aus der Humanitären Nothilfe – mit unserem Newsletter!

Newsletter Anmeldung

Ich stimme der Verarbeitung meiner persönlichen Daten (eMail) zu
Ich stimme dem Empfang des Newsletters zu

Ich möchte mich vom Newsletter abmelden.

Deine Spende macht es möglich, dass wir unsere Ressourcen und Fähigkeiten dort einsetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.

Nach oben