CADUS EMT ceremony

Klassifizierung erfolgreich: „‘Cause I´m E.M.T.!“*

Vor etwas mehr als einem Monat haben wir uns erfolgreich als Emergency Medical Team (EMT) durch die Weltgesundheitsorganisation (WHO) klassifizieren lassen. Aber was steckt eigentlich dahinter und was bedeutet es für uns, ein EMT zu sein?

Jubel, Pfiffe und das Knallen von Sektkorken schallen über die Wiese der Malzfabrik in Berlin. Gut 50 Leute in CADUS-Kleidung feiern Abschluss und Höhepunkt jahrelanger Arbeit und schweißtreibender Monate – wir sind offiziell ein EMT 1 fixed und mobile! Im Kreise von Vertretern der WHO und weiterer EMTs, des Auswärtigen Amtes und des Robert-Koch Instituts wird erstmal angestoßen. Nochmals Danke an alle, die uns auf so unterschiedliche Weise auf diesem Weg unterstützt haben!


Die Gläser hoch auf den Erfolg! Foto: CADUS

Um die sechs Jahre sind vergangen, seit wir bei CADUS den Entschluss gefasst haben die Klassifizierung zu beginnen. Immer wieder unterbrochen durch unsere Einsätze in verschiedenen Krisenregionen der Welt, haben wir kontinuierlich daran gearbeitet die Bedingungen zu erfüllen. Nicht nur schriftlich, sondern auch mit unserer Ausrüstung und unserem Personal müssen wir belegen, im Notfall schnell einsatzbereit zu sein und professionell handeln zu können.

Von „worst case“ zu „best practice“

Genau dafür wurde das EMT-System nach den teils katastrophalen Erfahrungen nach dem Erdbeben 2010 in Haiti durch die WHO geschaffen. Damals fluteten so viele Hilfeleistende die Insel, dass eine sinnvolle Verteilung der Hilfe und eine Übersicht über deren Qualität unmöglich war. In der Folge versickerten viele Hilfsgelder, einige Regionen waren überversorgt, während Menschen in anderen Gegenden lange keine Unterstützung erhielten und Patienten unzureichend oder falsch behandelt wurden. Gut gemeint ist eben nicht auch gut gemacht.


Das Camp aus der Vogelperspektive: links der mobile Teil des EMT, rechts und orange eingezäunt der stationäre Teil. Der mittlere Gang markiert die Grenze zwischen dem Patiententeil (links) und dem Teil, der dem Team vorbehalten ist mit u.a. technischem Material, Unterkunft und Lager (rechts).

EMT als Qualitätssiegel

Ziel der EMT-Initiative der WHO ist es mit Mindeststandards die Qualität der Hilfe durch die verschiedenen Organisationen zu garantieren – zum Schutz der betroffenen Menschen in den Krisenregionen. Dazu werden die Organisationen in EMTs Typ 1 bis 3 eingeteilt, die unterschiedliche Ansprüche an Behandlungs- und Versorgungskapazitäten erfüllen müssen. Im Mittelpunkt steht die Selbstversorgung der Teams, um die knappen Ressourcen im Krisengebiet durch internationale Organisationen nicht zu strapazieren. Von Krisen betroffene Staaten können die WHO um Unterstützung bitten, die die Anfrage an alle EMTs weiterleitet und deren Einsatz im Anschluss koordiniert.

Nicht nur praktisch mussten wir unser Können unter Beweis stellen, sondern auch darlegen wie z.B. Crewing, Finanzen und unsere Logistik aufgebaut sind. Foto: CADUS

Als Richtschnur für die Klassifizierung dient das sogenannte Blue Book in dem die Mindestanforderungen für die EMT-Typen gelistet sind. Außerdem werden jeder Organisation Mentor*innen der WHO zur Seite gestellt, die den gesamten Prozess begleiten und unterstützen.

Auch Sonderfälle haben wir mit Puppen und Statist*innen trainiert: links die Behandlung eines Kleinkindes und rechts einer infektiösen Patientin im Isolationsbereich. Foto: CADUS

Vorbereitet für den Ernstfall

Und der kann schnell unübersichtlich werden. Nicht nur müssen wir den Prüfer*innen der WHO zeigen, dass wir Patient*innen adäquat behandeln und mit Medikamenten versorgen, sondern auch deren Wasser- und Sanitärversorgung sicherstellen können. Dazu kommt für unsere Teams Unterkunft, Verpflegung, Kommunikationstechnik, Beleuchtung, Strom sowie Müll- und Abwasserentsorgung und Sicherheitsmaßnahmen für das gesamte Camp.

Um überhaupt Patient*innen in einem EMT-Setting behandeln zu können braucht es viele verschiedene Gewerke, die reibungslos ineinander greifen müssen um z.B. Wasser, Strom und Unterkünfte fürs Team bereitzustellen. Foto: CADUS

Wohin mit den blutigen Verbänden vom Patienten mit Hepatitis? Woher bekommen wir Wasser zum trinken, putzen, kochen, wenn in der Krisenregion alles zerstört ist? Wie bekommen wir überhaupt Team und Ausrüstung schnellstmöglich zum Einsatzort? Für all das und noch mehr müssen Pläne entwickelt, Prozesse beschrieben, Material besorgt und Teams trainiert werden. Durch Einsatzübungen wie im Ahrtal oder dem EMT-Probeaufbau konnten wir überprüfen, was gut läuft und wo wir nachbessern müssen. Unsere EMT-Klassifikation haben wir dann auch als Anlass genutzt um mit der Hilfe vieler Kompars*innen den medizinischen Teil in „Emergency Medical Team“ einem Stresstest zu unterziehen.

Unser medizinsches Team hatte während der Simulation alle Hände voll zu tun. Hier hat es die Trainingspuppe besonders schwer getroffen. Sie musste intensivmedizinisch versorgt und in ein Krankenhaus verlegt werden. Foto: CADUS

Nothilfe im Mittelpunkt

Für uns ist das alles aber kein Selbstzweck um uns einen offiziellen Titel an die Jacke heften zu dürfen. Viel eher haben wir den Klassifizierungsprozess als Anstoß genommen uns selbst zu professionalisieren, unsere Abläufe genau unter die Lupe zu nehmen um schlussendlich effizienter qualitativ hochwertige humanitäre Nothilfe leisten zu können. Denn das ist es, worum es letztlich geht im internationalen EMT-Netzwerk – durch gemeinsame Standards Zusammenarbeit, Austausch und Qualität zu fördern und so im Notfall den betroffenen Menschen bestmöglich helfen zu können.

Nicht nur mit Puppen, sondern vor allem auch mit Darstellern wurde das EMT-Team auf die Probe gestellt. Foto: CADUS

Auf der Wiese der Malzfabrik denken wir als frischgebackenes sechstes deutsches EMT ehrlich gesagt weniger an diese hehren Ziele. Für uns heißt das Ergebnis erstmal eine Menge Arbeit abhaken zu können. Mit dem Sektglas in der Hand lassen sich die Strapazen der letzten Woche doch ganz gut abschütt – „ABBAU!“

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Ein Teil des Abbaus dokumentiert als Zeitraffer. Video: CADUS

* CADUS 2024, probably.

by Jonas Gruenwald

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